Roland Ledinger im Interview

"Innovation, Standardisierung und Cloud-Fähigkeit sind unsere Zukunft"

Roland Ledinger verantwortet seit Herbst 2021 die technische Geschäftsführung des BRZ. Ein Interview.

Sie sind nun seit über drei Jahren Geschäftsführer. Was hat sich seitdem im BRZ getan?

Die Pandemie hat gezeigt, dass der Bedarf nach Digitalisierung weiter steigt. Wir haben im Bereich der Justiz, im Finanzbereich oder für das Bundeskanzleramt zahlreiche Projekte realisiert. Weiters haben wir die ID Austria und damit verbunden die Ausweisplattform oder die Datendrehscheibe Digital Austria Data Exchange oder kurz dadeX als zentrales Service umgesetzt. Wir haben aber auch im BRZ mehr in Richtung Standardisierung und sehr viel im Bereich Optimierung von Rechenzentrumsprozessen sowie bei der Cloud-Fähigkeit von Lösungen umgesetzt.

Wo steht Österreich in Sachen E-Government im Vergleich zu anderen Ländern? Worauf kann man besonders stolz sein?

In Österreich sind sehr viele Datenbestände zentral geregelt. Das ist eine wesentliche Basis, um darauf Verfahren aufzusetzen. Auch beim Thema Ausweisplattform sind wir Vorreiter. Das ist unser Flaggschiff. Mit dem elektronischen Führerschein und dem Zulassungsschein waren wir in Europa die Ersten, die das angeboten haben. Nicht zu vergessen Justiz 3.0 mit Anwendungen, die auch in die Schweiz verkauft wurden. Ein
wesentlicher internationaler Vorteil ist, dass wir Portale wie oesterreich.gv.at, das Unternehmensserviceportal oder das Gesundheitsportal haben, wo sehr viel konzentriert angeboten wird. Damit sind wir gerade im deutschsprachigen Raum weit vorne. Auch mit der hybriden Cloud-Lösung in PM-SAP setzen wir in der Verwaltung auf modernste Technologie.

Welche Initiativen verfolgt das BRZ, um nachhaltige IT-Lösungen anbieten zu können?

Eine Initiative, die mir sehr am Herzen liegt, ist etwa der Digitale Humanismus in der Praxis. Digitaler Humanismus beschäftigt sich mit der Frage, wie Technologie und Menschlichkeit miteinander vereint werden können. Für mich ist digitaler Humanismus wesentlich, um die Nachhaltigkeit von Systemen und Lösungen sicherzustellen. Außerdem trägt Standardisierung wesentlich zur Nachhaltigkeit bei. Auch zahlreiche Synergien zwischen den verschiedenen Kundenlösungen stellen Nachhaltigkeit sicher. Und wir bauen Infrastruktur auf, die nachhaltiger ist, indem sie Cloud-Fähigkeit garantiert und Flexibilität mittels Skalierbarkeit bietet. Im Fokus haben wir natürlich auch das Thema Energie beim Rechenzentrumsbetrieb. Da wird im BRZ schon seit Jahrzehnten sehr viel getan, um Energie zu sparen. 

Wie bereitet sich das BRZ auf künftige Entwicklungen und Trends vor?

Die größte Herausforderung unserer Kunden ist die demografische Entwicklung. Bis zu 40 % der Mitarbeiter:innen der öffentlichen Verwaltung werden in den nächsten zehn Jahren in Pension gehen. Die Digitalisierung muss da im Bereich Wissensmanagement unterstützen, damit keine Lücken entstehen. Der Fachkräftemangel betrifft auch unsere Kunden, ergo müssen mehr Prozesse
automatisiert werden. Mit der Digitalisierung werden wir entsprechende Lösungen anbieten müssen, die die Verwaltung effizienter machen. Dabei ist auch die künstliche Intelligenz ein Thema. Die Herausforderungen der Digitalisierung, in einem sich schnell wandelnden Bereich, müssen jedenfalls mit den richtigen Technologien adressiert werden.

Welche Technologien wie KI werden jetzt schon benutzt, um Kunden zu unterstützen? 

Im BRZ beschäftigen wir uns schon sehr lange mit dem Thema KI. Auf der einen Seite, um Datenmengen besser auswerten und bearbeiten zu können, auf der anderen Seite in Bereichen, wo es um Handschrifterkennung geht oder um Objekterkennung bei Bildern und um Anonymisierung von persönlichen Daten. Unser Know-how nutzt etwa das Finanzministerium im Bereich der Betrugsbekämpfung oder die Justiz zur Anonymisierung von Gerichtsentscheidungen. In unserem Arbeitsalltag war KI schon vor ChatGPT präsent, aber mit generativer KI ist jetzt eine neue Dimension entstanden. Jetzt müssen wir uns auch damit beschäftigen, wie wir generative KI für Verwaltungsthemen nutzen können. Zu dem Thema haben wir auch schon mögliche Use Cases mit der Verwaltung identifiziert – etwa im Rahmen von BRZ DigiConnect. Aber Technologie soll nicht um der Technologie willen eingesetzt werden, sondern weil damit ein entsprechender Nutzen generiert wird.

Welchen Stellenwert hat Innovation im BRZ?

Innovation ist für uns ein wesentliches Standbein. Deshalb haben wir auch mit BRZ DigiConnect ein Format aufgesetzt, im Rahmen dessen wir gemeinsam mit unseren Kunden sowie der Wirtschaft und der Wissenschaft sehr früh Innovationsideen aufgreifen. Daraus entstehen Innovationsprojekte, bei denen die Ideen weiter ausgearbeitet werden. Pro Jahr laufen im Schnitt rund 30 Innovationsprojekte, die sehr klein geschnitten sind, sodass sie schnell abgewickelt werden können. Die Bandbreite reicht von smarten Verwaltungsservices über Cloud-Lösungen bis hin zu Automatisierungen im Rechenzentrum. Natürlich sollte im Idealfall aus jedem Innovationsprojekt eine Solution oder ein Produkt entstehen.

Welche Maßnahmen werden ergriffen, um bei all den Lösungen für die Verwaltung Datenschutz und Datensicherheit zu gewährleisten?

Das ist ein zentrales Thema, weil wir die Daten des Staates halten und verarbeiten und bereitstellen. Das ist Teil unserer Genetik, nicht umsonst heißt unser Slogan „Mit Sicherheit innovativ“. Datensicherheit und Datenschutz müssen bei jedem Service von Beginn an, also schon beim Design, mitbetrachtet werden. Aber die Entwicklung von Services ist der eine Aspekt. Als IT-Unternehmen sind wir ständig mit Cyber-Angriffen konfrontiert. Da braucht es die richtigen Tools, aber auch die richtigen Mitarbeiter:innen, damit wir da auch entsprechend agieren können.

Wie wird die berufliche Weiterentwicklung innerhalb des BRZ sichergestellt?

Es gibt ein breites Angebot an Weiterbildungsmaßnahmen. Und wir haben eine strategische Personalplanung implementiert. Dabei stellt sich die Frage: Welche neuen Skills brauchen wir in den nächsten Jahren? Genau dort versuchen wir auch Schwerpunkte zu setzen.

Wie läuft die Zusammenarbeit im Verwaltungs-IT-Bereich innerhalb der EU ab?

Wir haben eine Struktur aufgesetzt, und die heißt EURITAS. Das ist die europäische Vereinigung der IT-Provider der öffentlichen Verwaltung. Diese zählt mittlerweile 13 Mitglieder aus verschiedensten europäischen Ländern. Der Fokus liegt auf dem Austausch von Best Practices. Das ist die eine Ebene. Auf einer anderen Ebene verfassen wir gemeinsam Positionspapiere. Mit diesen Positionspapieren versuchen wir die EU-Kommission dazu zu bringen, Regulative oder Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass wir als IT-Provider der öffentlichen Verwaltung die Services praxisgerecht und effizient umsetzen können. Wir haben da mittlerweile ein gutes Standing bei der EU-Kommission, weil wir eben nicht wirtschaftliche Interessen haben, sondern im Interesse der einzelnen Mitgliedstaaten agieren. Ein kleiner Blick in die Zukunft:

Welche Lösungen würden Sie sich in zehn Jahren wünschen?

Mein Ansatz ist folgender: Die Verwaltung soll mich nach Möglichkeit gar nicht tangieren. Wenn ich hier Bedarf habe, dann soll das im Hintergrund automatisiert passieren. Insofern würde ich mir den Verwaltungsassistenten wünschen, der mich durchs Leben begleitet und mich dann aufmerksam macht, wenn ich eine Steuererklärung zu machen habe oder wenn es Förderangebote gibt, die ich vielleicht nutzen könnte.
 

Das Interview ist in read_it Ausgabe 01/25 erschienen.

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