Michael Hauenschild spricht

"Ob eine Blockchain einen Mehrwert bieten kann, hängt von den Zielen ab"

BRZ-Blockchain-Experte Michael Hauenschild im Interview

Viele Menschen haben den Begriff Blockchain noch nie gehört. Wie erklären Sie diese Technologie einem Laien?
Bei der Blockchain handelt es sich um ein öffentliches, digitales Register. Mehrere Partner eines gleichberechtigten Computer-Netzwerkes besitzen je eine idente Kopie davon. Die Partner können die Einträge entweder nur lesen oder auch neue Einträge hinzufügen. Da eine Manipulation des Registers bei allen Partnern zur selben Zeit und unter Einhaltung bestimmter Spielregeln erfolgen müsste, gilt es als fälschungssicher. Es ist daher auch für Partner, die einander nicht vertrauen, geeignet. Aufgrund der verteilten Kopien ist es wesentlich ausfallsicherer, als wenn das Register nur an einer zentralen Stelle aufbewahrt wird.


Was ist das Besondere daran?
Aus technischer Sicht handelt es sich bei einer  Blockchain um eine unveränderbare, verteilte Datenbank. Die Unveränderlichkeit entsteht
durch die kryptografischen Methoden, durch die die Blöcke in Ketten zusammengefasst sind. Die Besonderheiten der Blockchain lassen sich aus den beiden Kerneigenschaften Dezentralität und Transparenz
ableiten. Transparenz bedeutet, dass jeder Partner alle Daten und Transaktionen lesen und überprüfen kann. Damit schafft eine Blockchain Vertrauen zwischen den einzelnen Partnern. Durch die Dezentralität ergibt sich eine systemimmanente Ausfallsicherheit. Ohne zentrale Instanz können einzelne Teile des Netzwerks ausfallen, ohne den Betrieb der Blockchain zu gefährden – somit sind keine zusätzlichen teuren Back-ups notwendig.


Blockchains gelten als ineffizient. Erfüllt nicht eine sichere, zentrale Datenbank denselben Zweck?
Es liegt in der Natur der Technik, dass Blockchains aufgrund der Verteilung langsamer sind als zentrale Datenbanken. Ob eine Blockchain aber trotzdem einen Mehrwert bieten kann, hängt davon ab, was erreicht werden soll. Das finden Sie am einfachsten heraus, indem Sie sich die folgenden Fragen stellen:
1. Ist Vertrauen zwischen den Partnern ein Problem und profitieren sie daher von Transparenz?
2. Ist Redundanz und die damit verbundene Ausfallsicherheit
ein kritischer Faktor?
Wenn Sie beide oder zumindest eine Frage mit Ja beantworten können, dann kann die Blockchain-Technologie einen Mehrwert bieten. Sind
Vertraulichkeit und Performance wesentliche Faktoren und wichtiger als Transparenz und Redundanz, dann ist die Blockchain-Technologie
vermutlich wenig sinnvoll.


In den Niederlanden erhofft man sich durch den Einsatz der Blockchain wesentliche wirtschaftliche Impulse. Ist diese Hoffnung berechtigt?
Die Blockchain ist wahrscheinlich DAS Thema der letzten Monate. Das ist sehr spannend, da viele Unternehmen und Start-ups, aber auch Forschungseinrichtungen sich intensiv damit beschäftigen. Auf der anderen Seite ist Blockchain ganz klar auch ein Hype. Ich bin dennoch davon überzeugt, dass es sich auf alle Fälle lohnt, in die Blockchain-Technologie im Rahmen von Pilotprojekten bereits heute zu investieren, um selbst Erfahrungen zu sammeln. Nur so können wir Auswirkungen der Technologie und das Zusammenspiel mit bestehender Infrastruktur evaluieren. Im Worst Case dient der Blockchain-Hype einfach dazu, sich wieder intensiver mit Innovationsthemen zu beschäftigen, wovon Unternehmen und ebenso die Wirtschaft profitieren.

Wie schneidet Österreich beim Thema Blockchain im internationalen Vergleich ab?
In Österreich gibt es eine sehr aktive Blockchain-Szene. So gibt es Netzwerke wie Internet of Things Vienna oder den Blockchain Hub Graz, die sich bereits seit Monaten intensiv mit dem Thema beschäftigen und den aktiven Austausch zwischen Expertinnen und Experten aus Privatwirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Verwaltung sowie Start-ups fördern. Auch die öffentliche Verwaltung engagiert sich aktiv. So hat das Bundeskanzleramt die Initiative „Blockchain Village“ gestartet, um sich im Rahmen einer Community mit Use Cases für die öffentliche Verwaltung zu beschäftigen. Und auch das Wissenschaftsministerium legt mit der „Blockchain Austria“ eine Roadmap vor.